Grundsteuerreform 2025: Was bedeutet das für unsere Grundsteuer in Deckenpfronn?
Warum wurden Sie aufgefordert, Grundsteuererklärungen für Ihren Grundbesitz beim Finanzamt abzugeben? Warum wird die Grundsteuer neu festgesetzt? Warum bekommen Sie neue Bescheide mit neuen Werten vom Finanzamt? Warum können Sie den aktuellen Hebesatz nicht mehr anwenden, um Ihren Grundsteuerbetrag zu berechnen? – Die Antworten auf all diese Fragen verbirgt sich hinter der „Grundsteuerreform“.
Hier finden Sie ein Erklärungsvideo:
https://www.youtube.com/watch?v=OsNqhFPbbJw
Weitergehende Informationen sowie Erklärvideos finden Sie auch auf der Seite des Finanzministeriums BW unter folgendem Link:
https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/steuern/grundsteuer-dossier
Warum eine Grundsteuerreform?
Hintergrund für die Grundsteuerreform ist das Urteil vom Bundesverfassungsgericht vom 10. April 2018, durch welches die Vorschriften für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt wurden.
Grund für die Verfassungswidrigkeit ist, dass bei der bisherigen Berechnung Werte aus dem Jahr 1964 als Grundlage dienten, die seither nicht mehr fortgeschrieben wurden. Mit diesem Urteil wurde auch entschieden, dass die aktuelle Berechnungsweise für die Grundsteuer noch bis zum 31.12.2024 Anwendung finden soll. Ab dem 01.01.2025 gilt dann die Neuregelung für die Berechnung der Grundsteuer.
Im Rahmen dieser Neuregelung kommt auch der Föderalismus wieder zum Ausdruck – ab 2025 dürfen die Länder mittels Landesgesetzen eigene Regelungen für die Festsetzung der Grundsteuer schaffen. Dies war bisher nicht der Fall. Baden-Württemberg macht von dieser Möglichkeit Gebrauch und hat in diesem Zuge für die Erhebung der Grundsteuer das Landesgrundsteuergesetz (LGrStG) vom 04.11.2020 erlassen. Diese Regelung führt zu Flexibilität für die Länder, kann aber auch für Verwirrung sorgen. Eine Vergleichbarkeit der Grundsteuer zwischen den verschiedenen Bundesländern ist damit endgültig nicht mehr gegeben.
Wie wird die Grundsteuer künftig berechnet?
Die Systematik bleibt grundsätzlich gleich. Die Kommunen erhalten weiterhin die Mitteilungen vom Finanzamt mit dem Steuermessbetrag. Darauf wird dann der Hebesatz der Kommune angewendet und daraus ergibt sich dann die zu entrichtende Grundsteuer für den Bürger.
Die große Änderung findet sich darin, dass sich die Berechnung für den Steuermessbetrag ändert.
Bei der Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Grundstücke) liegt die Steuer oft im einstelligen Bereich, hier wird es zu keinen gravierenden Änderungen kommen. Die Berechnung der Steuer erfolgt nach dem qualifizierten Ertragswertverfahren, bei welchem verschiedene Faktoren miteinander multipliziert werden.
Gravierender wird die Änderung bei der Grundsteuer B (bebaute und unbebaute Grundstücke) ausfallen. Die Bewertung dieser Grundstücke erfolgt künftig ausschließlich auf Basis des Bodenwerts. Künftig sind also für die Berechnung der Grundsteuer B lediglich noch der Bodenrichtwert und die Grundstücksfläche maßgeblich. Gebäude und andere Aufbauten werden künftig bei der Berechnung der Grundsteuer keine Berücksichtigung mehr finden.
Die Grundsteuer B berechnet sich in Zukunft wie folgt: Der Grundsteuerwert (ergibt sich aus der Multiplikation von Grundstücksfläche und Bodenrichtwert) wird mit der Steuermesszahl multipliziert. Daraus ergibt sich der Steuermessbetrag, welcher dann noch mit dem Hebesatz der Kommune multipliziert wird. Das Ergebnis ist die zu entrichtende Grundsteuer.
Wichtig ist noch der gewährte Bonus in Form eines Bewertungsabschlags in Höhe von 30 % (Reduzierung der Steuermesszahl von 1,3 auf 0,91 Promille), der auf Grundstücke angewandt wird, die überwiegend zu Wohnzwecken dienen. Auch auf sozialen Wohnungsbau und Kulturdenkmäler wird die reduzierte Steuermesszahl angewandt. Mit dieser Ermäßigung soll der intensiven Nutzung des Grundstücks Rechnung getragen werden.
Die aktuellen Bodenrichtwerte sind jederzeit auf dem Bodenrichtwertinformationssystem für Baden-Württemberg (BORIS-BW) abrufbar.
www.gutachterausschuesse-bw.de
Und wie sind Sie nun davon betroffen?
Durch die Änderung der Berechnungsgrundlage ändert sich, wie bereits ausgeführt, der Steuermessbetrag. Der Steuermessbetrag ist für die Kommune Grundlage für die Multiplikation mit dem Hebesatz und damit für die Berechnung der Grundsteuer. Die geänderte Berechnungsweise für den Steuermessbetrag wirkt sich also direkt auf die Steuerlast der Eigentümer/innen aus.
Es lässt sich bereits aus den bisher vorliegenden Berechnungen prognostizieren, dass sich die Steuerlast – bezogen auf die Grundsteuer B – verschieben wird.
Erste Prognosen für die erwartete Verschiebung der Steuerlast lassen sich bereits darstellen:
- Grundstücke in Zonen mit höheren Bodenrichtwerten werden eine höhere Belastung erfahren.
- Unbebaute Baugrundstücke werden ebenfalls höher belastet, weil diese nicht vom Bewertungsabschlag bei der Steuermesszahl profitieren.
- Kleine Grundstücke mit einem hohen Maß an baulicher Nutzung werden entlastet (eine kleinere Grundstücksfläche wird mit dem Bodenrichtwert multipliziert, die sich auf dem Grundstück befindlichen Gebäude werden nicht einberechnet).
- Flächenmäßig größere Grundstücke werden eher belastet (Bodenrichtwert wird mit einer hohen Quadratmeterzahl multipliziert).
- Gewerblich genutzte Grundstücke werden eher entlastet, da in Gewerbegebieten der Bodenrichtwert oft geringer ist.
- Hochwertig bebaute Grundstücke werden eher entlastet, da die sich auf dem Grundstück befindlichen Gebäude nicht mehr berücksichtigt werden.
Diese Prognosen lassen darauf schließen, dass Eigentümer/innen von älteren Häusern mit großen Grundstücken stärker belastet werden und Eigentümer/innen mit Geschosswohnungen eine Entlastung erfahren.
Was ist mit dem Hebesatz?
Mit den neuen Steuermessbeträgen (die vom Finanzamt versendet wurden) und dem bisherigen Hebesatz von 370 % würden fast alle Eigentümerinnen und Eigentümer eine Mehrbelastung erfahren.
Bitte rechnen Sie nicht mit dem aktuellen Hebesatz, wenn sie berechnen möchten, wie Ihre Grundsteuer sich entwickelt.
Der neue Hebesatz, der ab 01.01.2025 Anwendung findet, wurde am 05.11.2024 vom Gemeinderat auf 160 % festgesetzt.
Mit den Hebesätzen wird das Steueraufkommen der Gemeinden gesteuert, die Grundlage für die Ermittlung des Hebesatzes beruht auf der Summe der Grundsteuermessbeträge im Gemeindegebiet. Die Steuermessbeträge vor und nach der Reform werden gegenübergestellt, daraus lässt sich dann der neue Hebesatz berechnen.
Welche Hebesätze gelten für die Gemeinde Deckenpfronn?
Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 05.11.2024 folgende Hebesätze beschlossen:
- Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft): 470 v.H.
- Grundsteuer B (Grundvermögen): 160 v.H.
Diese Hebesätze gelten ab dem 01.01.2025
Was bedeutet Aufkommensneutralität?
Ein wichtiger Begriff im Zusammenhang mit den Hebesätzen ist auch die „Aufkommensneutralität“, die von Bund, Land und Kommunen gewünscht ist. Dieser Begriff bedeutet, dass das Steueraufkommen der Gemeinden vor und nach der Reform gleich hoch sein soll. Dies zieht nach sich, dass der Hebesatz zwingend angepasst werden muss.
Der Begriff der Aufkommensneutralität bezieht sich dabei ausschließlich auf das Einkommen der Kommune, nicht auf den Grundsteuerbetrag der Einzelpersonen. D.h. die Grundsteuerbeträge für die Bürgerschaft werden sich ändern.
Welche Bedeutung hat die Grundsteuer C im Zusammenhang mit der Reform? Wird Deckenpfronn die Grundsteuer C einführen?
Mit der Grundsteuerreform wurde für die Kommunen die Möglichkeit eröffnet, eine Grundsteuer C für unbebaute baureife Grundstücke einzuführen, um diese mit einem höheren Hebesatz stärker zu belasten.
Die Gemeinde Deckenpfronn wird die Grundsteuer C nicht zum 01.01.2025 einführen. Zunächst soll die rechtssichere Umsetzung der Grundsteuerreform im Fokus stehen. Über die mögliche Einführung einer Grundsteuer C soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.
Sie haben Fragen zu Ihrem persönlichen Fall?
An wen Sie sich bei Fragen zu Ihrer persönlichen Grundsteuer wenden können, hängt davon ab, um welches Thema es konkret geht:
Bodenrichtwert:
Informationen zum gemeinsamen Gutachterausschuss Oberes Gäu finden Sie unter:
https://www.herrenberg.de/de/Stadtleben/Stadtentwicklung/Geschaeftsstelle-Gutachterausschuss
Gutachten für geringeren tatsächlichen Wert des Grund und Bodens:
Gemeinsamer Gutachterausschuss Oberes Gäu sowie die im Landesgrundsteuergesetz genannten Personen. Weitere Informationen erhalten Sie unter folgendem Link:
https://finanzamt-bw.fv-bwl.de/,Lde/Startseite/Grundsteuer-neu/Einreichen+eines+Gutachtens
Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag:
Hierzu wenden Sie sich bitte an das Finanzamt, Kontaktdaten finden Sie auf den Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheiden.
Hebesatz, festgesetzte Grundsteuer und Grundsteuerbescheid:
Hierzu wenden Sie sich an die Gemeinde, Kontaktdaten finden Sie auf Ihrem Grundsteuerbescheid.
Wir bitten um Verständnis, dass wir keine Fragen zu den zugrunde gelegten Bodenrichtwerten, Grundsteuerwerten und Grundsteuermessbeträgen beantworten können und bitten Sie, sich in diesen Fällen an die oben genannten Kontaktstellen zu wenden.
Wo kann Einspruch bzw. Widerspruch eingelegt werden?
Wenn es um die Zurechnung eines Grundstücks (Eigentumsverhältnisse), den Grundsteuerwert oder den Grundsteuermessbetrag geht, müssen Einsprüche gegen den Grundsteuerwertbescheid oder den Grundsteuermessbescheid direkt beim Finanzamt eingelegt werden. Ein zusätzlicher Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid der Gemeinde ist in einem solchen Fall nicht notwendig, da wir im Falle der Abhilfe durch das Finanzamt automatisch verpflichtet sind den Grundsteuerbescheid ebenfalls zu ändern.
Nur wenn die Angaben im Grundsteuerbescheid der Gemeinde von den Grundlagenbescheiden des Finanzamts abweichen, wäre ein Widerspruch bei der Gemeinde erforderlich.